AirVPN zieht sich aus Italien zurück: Blaupause für andere Länder?

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Lars Sobiraj

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Fußballfans als Ziel der neuen Gesetzgebung

Wegen der neuen Rechtslage in Italien zur Bekämpfung von IPTV-Piraterie will AirVPN künftig keine Kunden mehr aus diesem Land bedienen.

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Im hauseigenen Forum kündigte der Provider AirVPN an, dass man seinen Dienst ab dem 19. Februar für in Italien ansässige Personen einstellen wird. Danach muss jeder Nutzer, der sich auf der Plattform registriert, erklären, dass er bzw. sie nicht in Italien ansässig ist. Der Online-Shop wird für alle Nutzer mit einer italienischen IP-Adresse blockiert und somit unerreichbar sein.

Woher rührt der plötzliche Rückzug von AirVPN?​


Die italienische Regierung geht härter gegen Online-Piraten vor. Seit Sommer letzten Jahres hat man die Geldstrafen für Nutzer illegaler IPTV-Dienste kräftig angezogen. Dazu kommt der so genannte „Italian Piracy Shield“. Dies ist ein kurz vor Jahreswechsel eingeführter rechtlicher Rahmen mit Durchführungsverordnungen der italienischen Telekommunikationsbehörde AGCOM.

Diese zwingt Internet-Anbieter und VPN-Provider mit italienischen Kunden dazu, „den Zugang zu Enddiensten durch IP-Sperren und/oder DNS-Poisoning zu blockieren. Die Liste der zu sperrenden IP-Adressen und Domains erstellt eine private, von der AGCOM autorisierte Stelle. Diese privaten Stellen geben die Sperrlisten in eine spezielle Plattform ein. Die Sperrungen müssen innerhalb von 30 Minuten durchgesetzt werden.

In der Ankündigung von AirVPN hebt man hervor: Für die von den Rechteinhabern geforderten DNS-Sperren gibt es keine gerichtliche Überprüfung und keine Überprüfung durch die AGCOM. Die Sperrverfügungen müssen ohne Anhöung der Gegenseite und ohne die Möglichkeit der Ablehnung quasi in Echtzeit umgesetzt werden. Und das selbst dann, wenn die Anordnung offensichtlich falsch ist. Der Geschädigte (die von der Blockade betroffene Website) kann nur zu einem späteren Zeitpunkt Einspruch erheben, nachdem die Sperre längst aktiv ist. Für weitere Einzelheiten verweist man auf einen Beitrag von Wired.

AirVPN, logo

Umsetzung ohne Prüfung, ohne Widerspruchsrecht in 30 Minuten​


Im Foreneintrag der Mitarbeiter heißt es weiter:

Die oben genannten Anforderungen sind für AirVPN sowohl wirtschaftlich als auch technisch zu aufwändig. Sie sind auch unvereinbar mit der Aufgabe von AirVPN und würden die Leistung des Dienstes negativ beeinflussen. Sie ebnen den Weg für weitreichende Blockaden in allen Bereichen menschlicher Aktivitäten und mögliche Eingriffe in die Grundrechte (ob versehentlich oder absichtlich). Während in der Vergangenheit jede einzelne Sperrung entweder von der Justiz oder von den Behörden sorgfältig geprüft wurde, entfällt nun jegliche Überprüfung.

Die Macht der privaten Stellen, die zur Erstellung der Sperrlisten befugt sind, wird enorm, da die Sperren nicht von Dritten überprüft werden und die befugten Stellen im Falle von Fehlern oder Übersperrungen keinen spezifischen Geldbußen oder gesetzlichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sind.


AirVPN scheut die Risiken der neuen Gesetzgebung​


Indem AirVPN die Verfügbarkeit des Dienstes in Italien einstellt, kann das Unternehmen außerhalb des Geltungsbereichs des neuen Privacy Shields bleiben und die Integrität und den effizienten Betrieb aufrechterhalten. Man drückt zudem „Mitgefühl“ mit den italienischen Mitbürgern aus und plant, den Kunden Ratschläge und Alternativen anzubieten. Eine Option sei das Tor-Netzwerk, was von Italien aus frei zugänglich ist.

Privacy Shield zerstört das Geschäftsmodell einer Branche​


AirVPN ist sicher erst das erste bekannt gewordene Opfer vom neuen Piracy Shield. Die im Dezember eingeführte Gesetzgebung richtet sich vor allem gegen illegale Live-Sport-Streaming Portale und IPTV-Provider. Vor den Fußballspielen bekannter Mannschaften erfolgen kurz vor Anpfiff die Sperren, damit man den rechtswidrigen Konkurrenten das Wasser abgräbt. So zumindest lautet der Plan.

Die neue Gesetzgebung richtet sich auch an DNS-Anbieter und ISPs, die für die Umsetzung nur wenige Minuten Zeit haben, wenn sie keine hohen Strafen wegen Nichtumsetzung riskieren wollen. Das Gesetz setzt die Umleitung des Datenstroms auf Zuruf der Rechteinhaber außer Kraft. Wenn Firmen ständig irgendwelche Webseiten sperren müssen, geht ihre geschäftliche Grundlage verloren. Die Kunden bezahlen ja nicht nur für die Verschleierung ihrer Identität, sondern dafür, dass sie jede gewünschte Seite besuchen können.

Privacy Shield als Vorlage für andere EU-Länder?​


AirVPN ist sicher nur die Spitze des Eisberges. Andere Internet-, DNS- oder VPN-Anbieter, die ihren Sitz ebenfalls in den USA, Kanada oder Europa haben, dürften bald nachziehen. Außen vor wären nur Firmen, die wie beispielsweise hide.me* offshore tätig sind. Diese könnte man nur schwerlich zur Zahlung von auferlegten Strafen zwingen.

Doch das Szenario hat noch andere Folgen. Denn wenn das bekannt wird, werden die Rechteinhaber in anderen Ländern ein vergleichbares rechtliches Konstrukt wie in Italien fordern, um EU-weit eine Umgehung der DNS-Sperren zu erschweren.

Tarnkappe.info

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